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Metrologie

Metrologie ist die Wissenschaft des Messens. In Bezug auf H2-Infrastruktur umfasst die Metrologie Aspekte rund um die Themen H2-Qualität, Eichung, Mengenmessung, Zertifizierung und Besteuerung. Sie regelt die europaweite Erzielung und Einhaltung von Qualitätsstandards und garantiert die Interoperabilität des gesamten Infrastrukturnetzes. Dieses umfasst die gesamte Nutzungskette, von den Produzenten, über die Tankstellen, bis zu den Fahrzeugen und Anwendungen. Die rechtliche Grundlage der Eichung und Mengenmessung bildet das Mess- und Eichgesetz (MessEG) bzw. die Europäische Messgeräte Richtlinie (MID).

Qualität

Die H2-Qualität und -Reinheit ist vor allem im Bereich der Brennstoffzelle von entscheidender Bedeutung, da Verunreinigungen wie Schwefel die Brennstoffzelle irreversibel schädigen können. Die AFIR schreibt vor, dass öffentliche Wasserstofftankstellen eine Qualität entsprechend der EN 17124 (Grade D der ISO 14687: H2-Reinheit von 99,97%, schwefelfrei) vorweisen müssen. Dieser Qualitätsgrad ist auch in der 10. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) verankert. In der ISO 19880-8 wird ein Protokoll zur Erreichung und Kontrolle von Qualitätszielen an Wasserstofftankstellen festgelegt.

Thermische Anwendungen wie die Nutzung im Verbrennungsmotor haben deutlich geringere Ansprüche an die Gasreinheit und können daher mit niedrigeren Qualitätsgraden wie Grade F der ISO 14687 arbeiten. Die Einteilung in genormte Qualitätsgrade für unterschiedliche Anwendungen verringert also die entstehenden Kosten, vereinfacht die Handhabung, und senkt die Wahrscheinlichkeit für Schäden an Bauteilen für alle Produzenten und Anwender.

Die regelmäßige Überprüfung der Qualität des Wasserstoffs gewährleistet dessen sicheren Einsatz in der entsprechenden Anwendung. Die Überprüfung erfolgt durch unabhängige zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS). Informationen über zugelassene Überwachungsstellen sind bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erhältlich: BAuA.

Die Entnahme einer Wasserstoffprobe aus der Tankstelle soll entsprechend der ISO 19880-9 verlaufen, während die Messung und Überprüfung der Qualität des Wasserstoffs nach ISO 21087 gemäß 10. BImSchV erfolgt.

Aufreinigung

Die Methode zur Aufreinigung von Wasserstoff mit der weitesten Verbreitung ist die Druckwechsel-Adsorption (DWA oder engl. PSA-Pressure Swing Adsorption). Die Sicherheit von PSA-Systemen wird in der ISO 19883 geregelt.

Die Aufreinigung sollte an entsprechenden kritischen Ein- und Ausspeisepunkten erfolgen, z.B. wenn der Wasserstoff aus einer Pipeline über eine Tankstelle an ein Brennstoffzellenfahrzeug abgegeben werden soll.

Eichung

Damit Kunden und Betreiber von einer zuverlässigen Abgabemenge an der Wasserstofftankstelle (HRS) ausgehen können ist eine Eichung der Wasserstoffabgabe unerlässlich. Dementsprechend müssen HRS-Zapfanlagen gemäß Mess- und Eichgesetz (MessEG) regelmäßig, also alle zwei Jahre, auf Genauigkeit und Richtigkeit mit Genauigkeitsklasse 2 geprüft werden. Die Messung muss gemäß der OIML R 139 durchgeführt werden, um die korrekte Durchführung der Messung zu gewährleisten. Die Organization of Legal Metrology (OIML) empfiehlt für H2-Tankstellen die Einhaltung der Fehlerklasse 2, d.h. einen Mean Percentage Error (MPE) von 2 % während der Eichung und von 3 % im Betrieb. Das heißt die echte Menge an Wasserstoff darf während der Eichung/Betankung im Durchschnitt maximal um 2 %/3 % von der angegebenen Menge abweichen.

OIML R 139

Die International Organization of Legal Metrology (OIML) verabschiedet Empfehlungen zu verschiedenen Themen der Metrologie, welche in die nationale Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten umgesetzt werden sollen. Die OIML R 139 „Compressed gaseous fuel measuring systems for vehicles” ist dementsprechend ein bedeutender Standard im Bereich der Eichung von HRS. Die OIML R 139-1 beinhaltet die metrologischen und technischen Anforderungen, wobei die OIML R 139-2 metrologische Kontrollen und Performance Tests beschreibt.

Eichnormale und Eichstellen

Um eine Eichung durchzuführen, wird ein Eichnormal, also ein Vergleichsgegenstand verwendet. Zur Entwicklung und Validierung neuer Eichnormalen ist gemäß § 45 ff MessEG der Regelermittlungsausschuss der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zuständig. Die PTB hat deshalb ein Eichnormal mit einem Coriolis-Massendurchflussmesser entwickelt, der zur Messung der Wasserstoffmenge während der Eichung genutzt werden soll. Darüber hinaus gibt es gravimetrisch messende Systeme von AirLiquide und Linde, die auch als Eichnormale genutzt werden können. Allerdings stoßen gravimetrische Verfahren bei der Eichung von Heavy-Duty-Tankstellen mit zu 200 kg Wasserstoff pro Tankvorgang an praktische Grenzen.

Die regelmäßige Eichung der Tankstellen wird anschließend, auf Basis des Eichnormals der PTB, durch die Eichämter der Länder nach (§ 40) MessEG vorgenommen. Außerdem dürfen zur Eichung von Messgeräten für Gas weitere Prüfstellen durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden zugelassen werden. Die Eichung muss nach MessEV alle zwei Jahre erfolgen.

Coriolisverfahren

Der Coriolis-Massendurchflussmesser misst den Massenstrom eines Gases oder einer Flüssigkeit und nutzt hierfür das Coriolis Prinzip. Vereinfacht besteht der Coriolis-Massendurchflussmesser aus zwei metallischen Rohren, welche durch Aktoren in Schwingung versetzt werden. Je nachdem wie viel Masse die Rohre durchfließt, schwingen sie unterschiedlich, wodurch die Abgabemenge über den Massenstrom ermittelt werden kann.

THG-Minderungsquote

Durch die Treibhausgas-Minderungsquote (THG-Quote) müssen Unternehmen, die Diesel- oder Ottokraftstoffe in Verkehr bringen, ihren THG-Ausstoß um eine jährlich ansteigende prozentuale Quote reduzieren. Diese Quote wird in der Renewable Energy Directive (RED) festgelegt und national im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) umgesetzt. Die Reduktion bezieht sich auf einen Referenzwert. Der Referenzwert bildet sich wiederum durch einen fossilen Vergleichswert multipliziert mit der Energiemenge aller Kraftstoffe und Erfüllungsoptionen des jeweiligen Unternehmens. Das Berechnungsverfahren für THG-Quoten wird im § 37 BImSchG festgelegt. Erfüllungsoptionen sind beispielsweise strombasierte Kraftstoffe oder Strom, der im Bereich der Elektromobilität genutzt wird. 

Als eine weitere Erfüllungsoption können Unternehmen den Quotenhandel nutzen. Am Quotenhandel können quotenpflichtige und nicht-quotenpflichtige Unternehmen teilhaben. Der Quotenhandel bedeutet also konkret, dass Unternehmen, die ihrer Verpflichtung bezüglich der THG-Quote nicht nachkommen, diese Verpflichtung zu einem marktbasierten Preis durch andere Unternehmen erfüllen lassen können.

Die 37. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) ermöglicht den Handel von THG-Quoten für Wasserstofftankstellenbetreiber (HRS), während die 38. BImSchV den Quotenhandel für Batterie-Fahrzeuge erlaubt. Besitzer von Wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen können nicht am Quotenhandel teilnehmen, da sie den Kraftstoff nicht Inverkehrbringen. Der THG-Quotenhandel wird als Instrument zur Förderung von alternativen Antrieben und deren Infrastruktur genutzt, die durch die Erfüllung der THG-Quoten von CO2-Emitenten finanziert werden sollen. Die THG-Quote erhöht sich jedes Jahr stetig und soll im Jahr 2030 25% erreichen. Der Handel der THG-Quoten über entsprechende Zertifikate zwischen Emittenten und Begünstigtem erfolgt über Handelsbörsen. Bei großen Begünstigten kann der Handel über Direktverträge, die durch das Umweltbundesamt überwacht werden, erfolgen.

Der THG-Quotenhandel ist ein marktbasiertes Werkzeug zur kostengünstigen Förderung erneuerbarer Energien. Zudem soll der Handel den Aufbau einer wasserstoffbasierten Wirtschaft durch die Senkung des H2-Preises an der Wasserstofftankstelle unterstützen. Zeitgleich wird Wasserstoff durch die Verteuerung fossiler Brennstoffe kompetitiver.

Allerdings sind die THG-Quotenpreise in den letzten Jahren durch marktbedingte Vorgänge und falsch deklarierte Zertifikate stark gesunken, wodurch die erwünschte Wirkung des THG-Quotenhandels teilweise ausgeblieben ist.

Weitere Informationen bezüglich der THG-Quoten:
THG-Quotenhandel: Teilnahmeoptionen für klimafreundliche Nutzfahrzeuge

THG-Zertifizierung

Für den internationalen Handel von H2 muss sowohl dessen Herkunft, Produktionsart, verursachte CO2-Emissionen, als auch die Qualität fälschungssicher zertifiziert werden. Erste Normen bezüglich der Zertifizierung von Wasserstoff befinden sich derzeit in Erarbeitung (ISO 19870-1 bis 19870-4). Diese Normen sollen vorrangig der Ermittlung und Berechnung der benötigten Werte für die Zertifizierung dienen.

Die Zertifizierung von erneuerbarem Wasserstoff (RFNBO) ist auf regulatorischer Ebene in Europa nach der Renewable Energy Directive (RED) möglich. Die ausgestellten Zertifikate sollen möglichst zuverlässig und fälschungssicher die Menge an CO2 festhalten. Dafür wurde auf EU-Ebene ein eigenes Berechnungsverfahren entwickelt. Dieses könnte in Zukunft im Widerspruch zur Berechnungsmethode der ISO und eigenen Berechnungsmethoden anderer Länder stehen. Dies könnte die zuverlässige Zertifizierung von Wasserstoff auf internationaler Ebene erschweren.

Eine einheitliche Erweiterung des Zertifizierungsprozesses auf normativer und regulatorischer Ebene, würde die globale Verteilung und den Verkauf von erneuerbarem Wasserstoff auf dem Weltmarkt vereinfachen. Außerdem könnte es den Ausbau von Wasserstofftechnologien in Ländern mit hohem Potential für erneuerbare Energien ankurbeln.

Digitaler Produktpass

Digitale Produktpässe sollen in Zukunft die Zertifizierung für Speicherbehälter und deren enthaltene Gase und Flüssigkeiten digitalisieren und global standardisieren. In diesen enthalten sind Informationen unter anderem über die Zusammensetzung/Reinheit, das Herkunftsland, das Herstellungsverfahren, und den CO2-Fußabdruck. Dabei soll vor allem Wert auf die Datensicherheit, Transparenz und den einfachen Zugang gelegt werden. Entsprechende Systeme befinden sich zurzeit in der Entwicklungsphase beim Deutschen Institut für Normung (DIN).

Wasserstofffarben

Entscheidend für den Zertifizierungsprozess von Wasserstoff ist das Erzeugungsverfahren, welches für den CO2-Fußabdruck maßgeblich ist. Unterschiedliche Verfahren setzen dabei unterschiedliche Mengen Treibhausgase frei.

Oft wird Wasserstoff nach verschiedenen Farben kategorisiert. Dies ist jedoch irreführend, da die Definitionen ungenau und weltweit nicht einheitlich sind. Zahlreiche Experten halten es für zielführender anstelle der Farben, die Treibhausgasintensität des Wasserstoffs anzugeben.

Zertifizierungsstellen

Bisher existieren unabhängige Zertifizierungsstellen, welche mit eigenen Prüfverfahren Wasserstoff zertifizieren. Solche Zertifizierungsstellen sind zum Beispiel Certifhy oder der TÜV.
Um Zertifikate nach den Vorgaben der Renewable Energy Directive (RED) auszustellen, müssen die Zertifizierungssysteme der Zertifizierungsstellen durch die EU-Kommission zugelassen werden.

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